Kapitel 3: warum es Sinn macht, bei Podcasts in “Staffeln” und “Serien” zu denken
Unsere Konsumgewohnheiten haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Wir sind es gewohnt, Inhalte sofort verfügbar zu haben, und sie innerhalb weniger Tage, fast ohne Pause, komplett zu konsumieren. Das sogenannte binge watching. Das englische Wort binge bedeutet übersetzt so viel, wie exzessiver Konsum.
Man fiebert auf ein Staffelfinale hin oder wartet nach dem spannenden Cliffhanger oft Monate auf die Fortsetzung, in Form einer weiteren Staffel. Ist die Handlung einer Serie fertig erzählt, wird sie oft zu einem späteren Zeitpunkt erneut konsumiert. Serien sind ein Gesprächsthema. Wir definieren uns über sie. Hat man sich früher noch in der Kaffeeküche mit den Kollegen über ein lineares TV-Ereignis, wie eine Samstagabend-Show unterhalten, sind es heute Serienempfehlungen, die man untereinander austauscht. Man will dazu gehören. Nichts verpassen.
Das Prinzip von Serien und Staffeln, mit all seinen Spielregeln, lässt sich hervorragend und erfolgreich auf Podcasts übertragen. Es ist mühsam, tagesaktuelle Themen redaktionell aufzubereiten, anschließend aufzunehmen und dann ins Netz zu stellen. Ereignisse, die jetzt gerade stattfinden, können innerhalb weniger Stunden uninteressant oder veraltet sein.
Betrachten wir Podcasts jedoch als Serien mit einzelnen Staffeln, sind wir in der Lage, qualitativ hochwertigen und vor allem nachhaltigen Content zu kreieren. Zwar sollten auch hier feste Sendetermine eingehalten werden, diese sind aufgrund der Vorbereitung jedoch einfacher zu realisieren und in der Redaktionsplanung zu koordinieren.
Podcast-Praxisbeispiele
Faking Hitler | Stern Magazin
Mit einer spannenden Mischung aus Erzähler, Interviews und originalen Tonband-Aufnahmen, gelang es dem Stern, einen der größten Fauxpas der Pressegeschichte in eine spannende Serie zu verwandeln. Präsentiert wurde der Podcast auf allen wichtigen Kanälen: YouTube, Audio-Streaming-Anbieter und auf einer eigenen Landing Page.
Die Landing Page hat mehrere Aufgaben. Sie ist die zentrale Anlaufstelle und bietet Zugriff auf sämtliche Folgen. Der Hörer hat die Wahl zwischen dem Streaming auf der Seite, oder seinem Lieblings-Anbieter. Außerdem dient sie dazu, den interessierten Podcast-Fan das Medienangebot des Verlagshauses schmackhaft zu machen. Auf der Seite wird versucht, ihn zu einem zahlenden Kunden und aktiven Leser des Sterns zu konvertieren.
Nach zehn Episoden und drei Bonus-Folgen war der Podcast beendet. Das Angebot, samt Landing Page, ist weiterhin abrufbar und dient als Zusatzangebot der Zeitschrift und Traffic-Magnet.
Landing Page des Podcasts „Faking Hitler“ | Quelle: stern.de/podcast-faking-hitler-8461596.html
Design Better Podcast | InVision
Der amerikanische Software-Hersteller InVision vertreibt eine „Software as a Service“-Lösung, die es den Nutzern ermöglicht, unkompliziert Prototypen, Wireframes und Dummys von Apps und Webanwendungen zu gestalten. Im Fokus der Zielgruppen stehen Entwickler, Designer und Produkt Manager.
Um seinen Nutzern Tipps aus der Praxis zu vermitteln, die das Designen noch einfacher machen sollen, hat das Unternehmen die Seite „Design Better“ ins Leben gerufen. Hier finden Nutzer themenbezogene Podcasts, Blogbeiträge, Interviews, Frameworks und Bücher.
Anstatt sich in jeder der Folgen einem anderen Thema aus dem Design-Bereich zu widmen oder reine Hilfestellungen für das eigene Produkt anzubieten, wählte InVision für seine Podcasts einen anderen Ansatz.
Der Podcast ist unterteilt in Staffeln, die alle einen großen Themenkomplex behandeln. Innerhalb dieser Staffeln werden verschiedene Fachexperten interviewt, um das Thema so von allen Seiten zu behandeln. Natürlich wird dennoch dezent immer wieder die eigene Software-Lösung in den Mittelpunkt gestellt, die die besprochenen Herausforderungen des Arbeitsalltag lösen kann.
Jede Folge hat eine eigene kleine Landing Page, die die Kernaussagen des Podcasts kompakt zusammenfasst. Außerdem werden die Moderatoren, sowie der Gast vorgestellt. Da InVision sich hauptsächlich im Designumfeld aufhält, werden aufwändige Illustrationen der Gäste erstellt. Dies entspricht genau dem Geschmack der Zielgruppe und animiert zudem die Gäste zum Teilen der Episode. Hier kommt das menschliche Grundprinzip der Reziprozität zum Einsatz. Das bedeutet, dass der Podcast-Gast, durch die aufwändige Gestaltung und durch das Befassen mit der eigenen Person, das Gefühl bekommt, etwas zurückgeben zu müssen. Und sei es nur das Teilen der Folge auf seinen Kanälen. Gerade bei Interviewpartner mit großer Reichweite kann dies zu einem Zuwachs an Hörern führen.
Die Staffel-Übersicht des Podcasts „Design Better“ | Quelle: DesignVision
Die liebevoll gestalteten Episoden-Cover | Quelle: DesignVision
Die Produktion einer Podcast-Serie ist im Vergleich zu simplen Interview-Podcasts deutlicher aufwändiger. Es müssen Drehbücher bzw. Skripte verfasst werden, die den Hörer bei Laune halten und die Vorfreude auf die kommende Folge steigern. Sie sollten eine abgeschlossene Handlung erzählen oder einen größeren Themenbereich abdecken. Dabei muss der Handlungsstrang packend erzählt werden. Die klassische Heldenreise kann hier zum Einsatz kommen. Hörspielpassagen harmonieren hier mit Interviews und einem packenden Erzähler. Aber der Aufwand lohnt sich, denn wir alle lieben es, gute Geschichten zu hören und empfehlen diese Geschichten gerne weiter.
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